Nach deinem Vermögen gib Almosen; auch wenn
du nur wenig hast, scheue dich nicht, wenig Almosen zu geben. (Tob 4, 8)
(Text nach der Lutherbibel 2017)
Liebe Leserin, lieber Leser !
Dieser Monatsspruch, der uns inhaltlich doch irgendwie bekannt vorkommt, ist jedoch nicht in jeder Bibelausgabe zu finden, denn er entstammt dem Buch Tobit. Dieses gehört zu den späten Schriften des Alten Testaments, die Luther bei seiner Übersetzung der Hebräischen Bibel außen vor ließ, weil sie ihm nur in griechischer Sprache vorlagen. In katholischen Bibelausgaben hingegen ist dieses Buch gemeinsam mit den anderen Spätschriften fester Bestandteil des Alten Testaments.
Die vorliegende Ermahnung zum Almosengeben gehört zu einer längeren Unterweisung, mit der der erblindete Tobit seinen Sohn Tobias auf eine weite Reise verabschiedet. Er gibt seinem Sohn als Vermächtnis die wesentlichen Regeln für ein Leben nach Gottes Willen mit auf den Weg, denn er selbst bereitet sich auf den Tod vor.
Tobit weiß um die Sorge Gottes zu den Mittellosen und hat selbst viele Taten der Barmherzigkeit getan. Nun ermahnt er Tobias dazu, den Bedürftigen stets etwas vom eigenen Hab und Gut abzugeben und zwar unabhängig davon, ob ihm viel oder wenig Vermögen zur Verfügung steht. Entscheidend ist für ihn offenbar nicht, wie groß eine Gabe ist. Entscheidend ist, dass die Armen Unterstützung erfahren. Und von dieser Pflicht sind auch die nicht ausgenommen, die selbst wenig haben.
Milliarden kontra Scherflein
Wir lesen in der Presse öfters über die großen Summen – Milliardenbeträge -, die Multimilliardäre wie Bill Gates und Warren Buffett regelmäßig für wohltätige Zwecke spenden. Und das ist in der Tat beeindruckend. Soviel Geld wegzugeben – das zeugt doch von wirklichem Engagement. Doch die Bibel bewertet anders. Nicht die pure Summe ist entscheidend, sondern das Herz, welches angerührt wurde um zu geben. Dann sind die Milliardenbeträge nicht bedeutsamer als das sprichwörtlich gewordene „Scherflein“ der armen Witwe, die Jesus in Mk 12,41-44 dafür lobt, dass sie ihre letzten Pfennige weggibt. Gott liebt es, wenn wir bereit sind zu teilen. Er schaut nicht darauf, ob eine Gabe groß oder klein ausfällt, sondern darauf, ob sie den Möglichkeiten derer entspricht, die etwas abgeben.
Denn für Gott zählt, ob wir für Gerechtigkeit sorgen und solidarisch die Bedürftigen unterstützen. Das ist in der Bibel kein Sonderrecht für die Reichen. Das Wohlergehen der Armen ist eine Aufgabe, der sich alle gemeinsam zu stellen haben. Für alle, die nach dem Willen Gottes leben wollen, ob arm oder reich, stellt sich diese Aufgabe. Und das ist so, weil Gott Gerechtigkeit und das Wohl der Armen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sieht. Alle, die Wohlhabenden und auch die Menschen mit kleinem Geldbeutel, sind gemeinsam herausgefordert, diese Herzenshaltung zu entwickeln. Und es ist mehr denn je gelebte Gnade, wenn jemand, der wenig hat oder sogar selbst am Existenzminimum lebt, von diesem Wenigen bereit ist abzugeben. Das zeugt von einem weichen Herz und dem Vertrauen zu Gott, dass er und nicht die Welt für seine Kinder sorgen wird. Niemand muss sich schämen, weil er nur wenig geben kann. Aber es ist auch niemand davon ausgenommen, sich die Frage zu stellen, welches Engagement zur Armutsüberwindung angesichts der eigenen Lebenssituation eigentlich angemessen wäre, und dann danach zu handeln.
Ihr und euer Pastor Dirk Liebern
(Bildnachweis: privat)